Zur Ausstellung „ Zwischenstopp“ in der Galerie im Stadtgarten, Essen-Steele
„...Anders sind die künstlerischen Arbeiten von René Dietle zusehen; er ist stärker am konstruktiven Aussagewert der Linie interessiert und zeigt einmal
sehr sparsame, freie bis organische Liniengebilde aber auch verdichtete, flächefüllende Arbeiten, die die dritte Dimension wach werden lassen.
Die Linien wecken in uns Assoziationen an Flugbahnen von Insekten, Spuren von flüchtigen Wahrnehmungen und ähnliches. Während einmal das Strukturelement der Striche favorisiert wird, ist es zum anderen der offenen Linienzug, der die weitgehend freie Grundfläche in Anspruch nimmt um akzentuierte Aussagen zu ermöglichen.
„Nur“ ein gekonnt gesetzter Druck im Linienzug zeigt die Räumlichkeit und Vibration auf der Fläche, das Vorne und Hinten in der Konzentration von Liniengebilden und somit einen spannenden „Richtungskampf“ in der Verdichtung von Strichen.
Die in unserem Kopf entstehenden Raumbilder lassen uns permanent nach Anfang und Ende, Vorne und Hinten oder Oben und Unten suchen, bis der Blick die Orientierung gefunden hat und zur Ruhe kommt.
Neben der „schattierten“Linienführung ist die konstruktive Dimension des Strichs ein starkes Ausdrucksmittel des Künstlers; er „überzeichnet“ dabei sein Flächen-füllendes-Strichgebilde, in einer Art und Weise, die an Strukturen, Texturen oder Fakturen unterschiedlichster Formationen erinnern.
Wie aus dem Nichts kommen die Linien aus der freien Fläche und verdichten, überschneiden oder kreuzen sich und bilden dabei vielleicht komplizierte Stadtpläne, molekulare Schichten oder biologischen Aufbau.
Der forschende Blick bzw. die Phantasie des Betrachters wird aktiviert und eine Sinn-Erfahrung erinnert oder formuliert oder etwas Neues kreiert.
Bei dieser Aktivierung des Sehsinns durch die Aufnahme des Abgebildeten in der bildende Kunst werden andere Sinne ebenfalls wachgerufen und lassen uns in einen „Rausch“ verfallen.
Das Steuerungselement des Künstlers liegt - neben der Farbe und der Form - also auch in der größtmöglichen Präzision der Ausdruckssetzung der Linie als wichtiges Visualisierungsinstrument.“
Uje Fenger
2019